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barocke Prachtbauten & -Strassen

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Bayreuth – Friedrichstraße 17
Ehemals katholisches Oratorium

Die Rennbahn (heutige Ludwigstraße) mündete um 1750 in den großen Übungs- oder Paradeplatz (heute Jean Paul-Platz) vor der Friedrichstraße mit dem ehemaligen Waisenhaus. Der Platz wurde nach Osten von der einstigen Reithalle (der heutigen Stadthalle) und dem früheren Oberstallmeistergebäude im Winkel (Hausnr. 19) auf der einen Seite begrenzt. Auf der Westseite schlossen die Postei (Hausnr. 15) und das große quergestreckte Eckhaus zur Rennbahn, gegenüber der damaligen Reithalle, den Platz. Es trägt die Hausnr. Friedrichstraße 17. In ihm sind heute eine Kanzlei und Privatwohnungen untergebracht. Zur Zeit von Markgraf Friedrich (1735-1763) erbaute es von 1745-1753 die junge katholische Gemeinde, die unter seinem Schutz stand, dazu als Pfarrhaus und Schule die angrenzenden Sandsteingebäude Ludwigstraße 32/34. Das Oratorium (also das Bethaus) stand im Hof dahinter, vom Platz aus durch eine Toreinfahrt erreichbar, aber nicht sichtbar.

Katholiken unerwünscht  . . .  Ausnahmen gestattet

Nach der Reformation, die im Markgraftum 1528 durchgeführt wurde, gab es in Bayreuth keine katholische Gemeinde mehr. Katholische Gottesdienste wurden verboten, die Klöster säkularisiert. Einzig die evangelischen Geistlichen waren berechtigt, Taufen, Trauungen und Beerdigungen vorzunehmen. Ansonsten war das Fürstbistum Bamberg – allerdings in einiger Entfernung – zuständig. Volsbach und Hollfeld waren solche Stationen in relativer Nähe.

Schon unter früheren Markgrafen, die ja allesamt protestantisch waren, wurde den wenigen Katholiken die Ausübung ihres Gottesdienstes auf Privatgrund oder außerhalb der Stadtmauern gestattet. Es handelte sich aber stets um Ausnahmen. Erst nach dem 30jährigen (Religions-)Krieg 1618-1648 änderte sich die Lage. Anfangs waren es immer noch Ausnahmen:

  • Schon Ende des 17. Jh hatte sich die katholische Herrschaft der Freiherren von Lüschwitz in Glashütten ein reich geschmücktes Oratorium, eine Hauskapelle im Schloss ihres Rittergutes bauen lassen – neben der evangelischen Schlosskirche – und auch einen eigenen Kaplan eingestellt. Zur Messe pilgerten auch die Bayreuther Katholiken. Da dies als „private Religionsausübung“ deklariert wurde und außerhalb der Mauern von Bayreuth stattfand, wurde es von Markgraf Christian Ernst (1661-1712) toleriert.
  • 1714-1733 existierte in der Maxstr. 17 ein 1. katholisches Oratorium. Das Gebäude aus dem 17. Jh. – dem Alten Schloss gegenüber –hatte Markgraf Christian Ernst (1661-1712) um 1690 erworben. Es diente bis 1753 vornehmlich als markgräfliches Gesandtenhaus (Der aufwendige Fassadenstuck von J. F. Andrioli verschönert es erst seit einer Renovierung um 1740). Sein Schwiegersohn Graf Hermann Friedrich von Hohenzollern-Hechingen wurde nun nach Ende des Spanischen Erbfolgekrieges als Oberhofmarschall (mit eigenem Hausgeistlichen) 1714 in Bayreuth ansässig. Markgraf Georg Wilhelm (1712-1726) gab daher seinem Schwager die Erlaubnis, die Privatkapelle im Haus als Oratorium zu nutzen. Dort konnte er – mit etwa 10 Katholiken – seine Religion „unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausüben“. 1715 gab es in Bayreuth laut amtlicher Statistik ohnehin nur 15 Katholiken – ohne Dienstboten, Hofpersonal und Soldaten. 1708-1717 wurden letztere immerhin von einem katholischen Feldprediger betreut.
  • 1722 wurde der Graf abberufen. MG Georg Wilhelm erließ aber in dem Jahr ein Religionsexerzitium zum Schutz der verbliebenen Katholiken – mit Minimalrechten und etlichen Verboten, und auch das nur „aus besonderer Gnade, jedoch ohne Consequentz und bis zu dero gnädigsten Gefallenstehenden Wiederruf.“ Die Religionsausübung war nur „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ erlaubt. Öffentliche Prozessionen (zu Fronleichnam) und der Aufbau von Krippelein (an Weihnachten) und Grab Christi (an Ostern) waren untersagt.
  • 1733/37-1749 – Unter den Folge-Markgrafen Georg Friedrich Karl (1726-1735) und Markgraf Friedrich (1735-1763), dessen Sohn, traf man sich in Oratorium II im Barockgebäude Ecke Hohenzollernring, das 1728 erbau worden war. Die Nutzung wurde damals genehmigt, weil „außerhalb der Stadtmauern“. Aber die Räumlichkeit war recht beengt (im rechten Eckzimmer des 1. Stockwerks) und die katholische Gemeinde wuchs.
Aufrisse aus: Merten, Klaus: Der Bayreuther Hofarchitekt Joseph Saint-Pierre (1708/9-1754) in Archiv für Geschichte von Oberfranken 1964
Die Heiligenfiguren auf der Altarspitze in der Evangelischen Bartholomäus-Kirche von Glashütten stammen aus diesem katholischen Oratorium.
Markgräfliches Gesandtenhaus Maxstraße 17

Eine wachsende Gemeinde  . . .  unter markgräflicher Patronage

An das Schutz-Dekret der Vorgänger musste sich anfangs auch das Markgrafenpaar Friedrich & Wilhelmine halten. 1745 wurde es „auf Widerruf“ erneuert und ergänzt. Aber in dieser baufreudigen Regierungszeit wuchs die internationale katholische Gemeinde auf 400 und nach 1750 sogar auf über 500 Seelen an. Ökumene musste erst vorsichtig eingeübt werden im aufkommenden Toleranz-Zeitalter. Da der Markgraf nicht nur weltliches, sondern seit der Reformation auch geistliches Oberhaupt des Fürstentums war, nahm er diese Verantwortung nicht nur für die Protestanten wahr. Auch Reformierte sowie Juden bekamen fast zeitgleich wieder größere Freiheiten (und eine eigene Kirche bzw. Synagoge zugebilligt).

Unter den Katholiken befanden sich nun zahlreiche selbstbewusste, auch italienische und französische Hofkünstler, die das längst zu kleine Gemeinde-Provisorium am heutigen Hohenzollernring aufgeben wollten. Ein österlicher Gottesdienst-Besuch des Markgrafenpaares dort bestätigte sie. Die frühere Postei und kurzfristige markgräfliche Universität (Friedrichstraße 15), die der Gemeinde 1743 zum Kauf angeboten wurde, überstieg allerdings die Finanzen bei weitem, weswegen auch der Bamberger Erzbischof Karl von Schönborn ein Ansuchen um Unterstützung vorerst ablehnte.

Von 1737 bis 1749 befand sich das Oratorium äußerst beengt im rechten Eckzimmer des ersten Stockwerks von Hohenzollernring 73 (also vorschriftsgemäß „außerhalb der Stadtmauer“).
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. . .   der große Wurf in Eigeninitiative

So bat Hofstuckateur Jeronimo Francesco Andrioli im Herbst 1744 den Markgrafen mündlich um einen Bauplatz für ein katholisches Bethaus. Dieser munterte ihn auf, ein offizielles Memorial zu übergeben. Schon am 25. September lag ein gemeindliches Baugesuch für ein Oratorium bei Hofe vor und schon am 12. Oktober wurde es genehmigt. Markgraf Friedrich stellte besagtes Grundstück Ecke Rennbahn und Paradeplatz zur Verfügung (die rechte Seite des Platzes war noch nicht mit der Reithalle bebaut) sowie die Hälfte des erforderlichen Bauholzes.

Andrioli und Mundkoch Lacour als Gemeindevorsteher beauftragten nun Hofarchitekt Joseph Saint-Pierre mit der Bauplanarbeit, dessen Riss gefiel. Schon am 19. Oktober 1744 legte die Gemeinde der markgräflichen Regierung Saint-Pierres Bauplan vor. Ein rasantes Tempo, das dem Bamberger Erzbischof nicht behagte. Dieser hatte sogar seinen Stararchitekten Balthasar Neumann mit einem alternativen Plan zu einem etwas kleineren Oratorium betraut, der aber nicht mehr zum Zuge kam.

Baubeginn 1745 bis 1746

Auch der für Bayreuth ab 1738 zuständige (und am Hof beliebte) katholische Missionarius Georg Paul Finck setzte sich für ein Neubau-Oratorium ein, saß aber angesichts der großen Vision der finanzschwachen katholischen Gemeinde „zwischen den Stühlen“. Diese hatte sich schon 1744 von Ihro Hochfürstl. Gnaden, Markgraf Friedrich „das hohe Wort“ und entsprechenden Grund, leihweise auch schon „das bedürfftige Holzwerck“ geben lassen. Finck beteuert seinem Bischof, er selber sei unschuldig an dem zu großen Kirchenbau und die Pläne habe die Gemeinde eigenmächtig „approbiert“…“da fihlen schändliche wort über die catholische geistlichkeit, wann sie nit wollen darzu contribuiren.“

Dennoch, von Ostern 1745 bis in den Sommer 1746 wurde gebaut. Im Juli allerdings starb der Erzbischof, der trotz allem Hin und Her wohlwollender Unterstützer blieb. Und ab da stagnierte das Vorhaben, denn sein Nachfolger hatte wenig Verständnis für diese Unternehmung. So blieb der Bau jahrelang unvollendet und der Witterung ausgesetzt.

Stillstand, wachsender Druck  . . .

Nun erwartete das Markgrafenbesuch zur Hochzeit seiner einzigen Tochter hohen Besuch und wollte das Stadtbild und insbesondere den Paradeplatz repräsentieren können.
Die Bayreuther Katholiken schrieben daher am 25.8.1747 und am 5.1.1748 an den Bischof von Bamberg, der für sie zuständig war, die Gemeinde sei bekümmert, „den Bau allhier also unvollkomen vor Augen da stehen zu sehen, dem Wetter ausgesetzt – auf allen Seiten Wasser und Schnee eindringen und davon inwendig angefüllt ist. Zu diesem kombt noch, daß wir von vielen hohen Herrn und Räthen erinnert werden, bey der in diesem Jahr allhier bevorstehenden hohen Vermählung bedacht zu seyn, die Straße bey unsern Bau, von Bau-Materialien rein zu halten und doch nur in etwas dem Bau eine andere Gestalt zu geben“. Unterschrieben u.a. von den Architekten Guiseppe Galli-Bibiena und Joseph Saint-Pierre, die beide katholisch und für den Bau des Markgräflichen Opernhauses zuständig waren, das ebenfalls bis zur Vermählung der einzigen Tochter des Markgrafenpaares Friederike Sophie mit dem jungen Herzog Carl Eugen von Württemberg im September des Jahres fertig sein sollte.

. . .  & 1749 der erste Gottesdienst

Im oben erwähnten, 1745 erneuerten Religions-Dekret von Markgraf Friedrich war zwar – um die protestantische Stadtregierung und das Consistorium zu beruhigen – wiederum bestätigt worden, das Oratorium dürfe nicht zu einer Kirche oder Kapelle umgestaltet, Weihnachtskrippe und Heiliges Grab dürfen nicht aufgestellt werden, Orgel und Glocken seien verboten, keine öffentlichen Prozessionen und der Markgraf müsse mit der Wahl des Gemeinde-Geistlichen einverstanden sein. Das Begräbnisrecht und das zur Sakramenten-Spende verblieb bei den evangelischen Geistlichen – gegen Gebühr, versteht sich.

Mitten im Sommer 1748 sah man aber auch in Bayreuth selber, was aus dem Bau werden solle, „da fing das Lermen auf der Regierung an…es hat geheißen ein haus, das ist aber eine (förmliche) kirch“. Stadtrat und Bürgermeister machten auf einmal Besitzrechte geltend und wollten, dass die geplante Orgelempore innerhalb von 3 Tagen wieder abgerissen werden solle, was Markgraf Friedrich dann aber abwehren konnte. Die protestantischen Ratsherren und Adligen beargwöhnten auch, dass künftig Prozessionen gehalten würden – darauf verzichtete die katholische Gemeinde um des lieben Friedens willen. Vermittlerin, die ihre Hand schützend über die Künstler-Gemeinde hielt, war weiterhin Wilhelmines preußische Hofdame von Sonsfeld.

Da sich Architekt Saint-Pierre nicht an die Auflage der Fenstergrößen gehalten hatte, musste man außerdem die bereits fertiggestellten hohen Rundfenster – wie sie auch bei den evangelischen Kirchen „im Markgrafenstil“ üblich waren – durch Sandsteinriegel horizontal teilen.

Die wiederholten Gesuche nach Bamberg um Geld hatten 1748 endlich Erfolg. In Eichstätt war für ein katholisches Gotteshaus in Erlangen gesammelt worden, das aber nicht gebaut wurde. Diese Summe floss nun nach Bayreuth. Das Oratorium mit 20,5 m Länge und 11,5 m Breite wurde der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet und am 7. Januar 1749 konnte der erste Gottesdienst gefeiert werden.

Der protestantische Generalsuperintendent German August von Ellrodt bekundete seine Sympathie, viele Konsistoriums-Mitglieder und der Rat der Stadt blieben in der Opposition. Auch die Schulräume (1. Stock) und die Pfarrwohnung (2. Stock) in angrenzender Ludwigstraße 32/34 konnten jetzt genutzt werden. Am Vordergebäude (Friedrichstr. 17) dagegen dauerten die Bauarbeiten länger, denn die Schuldenlast der Gemeinde war beträchtlich.

Es sollte noch lange dauern – außen  . . .

Denn die Vollendung der Bauten erforderte ständig weitere Mittel und zog sich daher in die Länge. Als Gemeindevorsteher werden 1753 genannt: Joseph Saint Pierre (Hof-Architekt), Guiseppe Pedrozzi (Hofstuccator) und Johann Benedict Rosengart (Hofgärtner). Sie bitten Fürstbischof von Stadion u. Thannhausen als geistliches Oberhaupt in Bamberg um finanzielle Unterstützung zur Schuldentilgung. Über 16 Tsd Gulden hatten sich angehäuft.

In diesem Jahr, als das Neue Schloss von Joseph Saint Pierre als genialer „Collage-Bau“ unter Nutzung schon vorhandener Gebäude komponiert wurde, bekam das Oratorium vom dortigen Abbruch der unvollendeten Reformierten Kirche noch einige „Blendarkaden-Architektur“, die man zu integrieren wusste.

Auf dem Aufriss des Planes von Hofarchitekt Joseph Saint Pierre erkennt man bei genauem Hinsehen, dass die Ludwigstraße 32-34 damals zwar wie ein Haus aussah, in Wirklichkeit aber anfangs eher als Blendfassade gedacht war, die das große Oratorium im Hof dahinter mit seinen 3 kleinen Nebenkapellen vor der protestantischen Öffentlichkeit verbergen sollte. Aber die Schulräume und die Pfarrwohnung in diesen Gebäuden an der Rennbahn konnten jetzt genutzt werden. Sie blieben bis 1858 im Besitz der katholischen Gemeinde und wurden dann an Kaufmann Kolb verkauft. Das Vordergebäude dagegen blieb vorerst unvollständig.

Noch drei Jahre sollte es dauern, bis das repräsentative Vordergebäude (= Friedrichstraße 17) – als Pfarrhaus ohnehin zu groß – bewohnbar wurde. Erst sollte es verkauft werden, dann streckte Markgraf Friedrich der Gemeinde im Juni 1752 die erforderliche Bausumme als Darlehen vor. Nach dem Brand des Alten Schlosses im Januar 1753 fand für zwei Jahre die Nichte des Markgrafen, die Prinzessin von Weimar und spätere Herzogin von Hildburghausen hier ein angemessenes Domizil. 1755 bezog Oberforstmeister von Künsberg das Gebäude und in dieser Familie blieb es bis Ende des Jahrhunderts. 1802 bis 1819 mietete es samt Kutschenremise, Pferdestallungen und Hofrecht der Graf von Giech zu Thurnau. Dann wurde es an den Bürgermeister von Hagen und seine Frau verkauft.

. . .  aber auch innen

Noch länger dauerte wegen Geldmangels der Innenausbau des Oratoriums. Hofstuckateur Guiseppe Pedrozzi, der Bruder des bekannteren Giovanni Battista Pedrozzi, konnte erst 1753 dem Bamberger Bistum als geistlicher Regierung seinen Entwurf (eine kolorierte Federzeichnung) für einen Altar aus Stuckmarmor zur Begutachtung vorlegen. Für diesen Altar (mit Engeln, Baldachin, Kruzifix „von Gips Arbeit“), für eine einfache Stuck-Quadratur am Plafond, für 2 Nischen und 3 kleine Oratorien mit bescheidenem Ornament und für in der Apsis-Wölbung geschwungene kurze Akanthuswedel und Blütenranken bekam er eine Vergütung von 202 fl. (Gulden). Die Kanzel konnte erst 1762 errichtet werden.

Die große Schuldenlast zwang zu ständigen Bittgesuchen. Und so führte offenbar der Rom-Aufenthalt des Markgrafenpaares im Sommer 1755 dazu, dass auch Papst Benedikt XIV von den Schwierigkeiten erfuhr und die Bayreuther Gemeinde finanziell und durch Spendenaufrufe an andere Bistümer unterstützte. Auch die nachfolgenden Päpste sandten kostbare Paramente, Messgewänder, Monstranzen und eine Reliquie zur würdigen Ausstattung. Sie werden im Pfarramt Unsere liebe Frau aufbewahrt.

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. . .  und erst recht bis zur religiösen Gleichberechtigung

Nach dem Tod von Markgraf Friedrich 1763 erneuerten die beiden folgenden Markgrafen alle 5 Jahre die Konzession zur katholischen Religionsausübung. Da aber der Großteil auch der katholischen Hofkünstler jetzt aufgrund mangelnder Auftragslage nach Potsdam auswanderte, wurde die katholische Gemeinde kleiner und die protestantische Regierung gewann wieder mehr Einfluss auf Vorschriften und Auflagen, die die religiöse Praxis, die interkonfessionellen Eheschließungen und die Kindererziehung in der katholischen Gemeinde einengten. Der Gemeinde-Geistliche und Seelsorger G.P. Finck, der von 1738 bis 1777 trotz vieler Angriffe, Sorgen und Streitereien seiner Aufgabe und seinem Amt treu blieb, hatte keinen leichten Stand.

Erst durch den Befehl Napoleons vom 26. November 1807, der in den unterworfenen Ländern allen Konfessionen Gleichberechtigung zusicherte, bahnte sich diese auch in Bayreuth an. 1810 wurde Bayreuth bayerisch und 1812 gestattete König Max Joseph seinen Katholiken eine eigene Pfarrei, zu der auch die Glaubensgeschwister der Umgebung gehörten. Für die inzwischen – auch durch Garnisons-Angehörige – wieder gewachsene Gemeinde mit etwa1200 Seelen war das Oratorium zu klein geworden und man erbat sich die leerstehende Schlosskirche, die nach dem Schlossbrand 1753 einst ebenfalls von Hofarchitekt Joseph Saint-Pierre und den Hofstuckateuren Pedrozzi ihr Gesamtbild erhielt.

Mitsamt Kanzel, Taufstein, Beichtstuhl und Kirchenbänken zog man um. 1813, am 22. August, wird die Schlosskirche als zentrale katholische Pfarrkirche Unsere liebe Frau eingeweiht – die einzige der vielen evangelischen Markgrafenkirchen, die katholisch wurde. Die fürstliche Gruft durfte bleiben und damit die Erinnerung an die großherzigen Schutzpatrone der Gemeinde – das Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine.

Das Vordergebäude und das Oratorium (Friedrichstraße 17) wurden mit Vertrag vom 2. Mai 1819 an Bürgermeister Erhard Christian Hagen verkauft. Das Schul- und Pfarrhaus (Ludwigstraße 32/34) verblieb im Besitz der katholischen Gemeinde bis zum Verkauf am 26. Januar 1858 an Kaufmann Louis Kolb. Im April 1945 brannte das Oratorium in den Kriegswirren der letzten Tage des 2. Weltkrieges bis auf die Außenmauern aus. Es wurde aber „dankenswerterweise von dem damaligen Besitzer, dem Weingroßhändler Höreth, wiederhergestellt, so dass es als Geschichtsdenkmal erhalten blieb“ (Festschrift 175 Jahr Schlosskirche. 1987).

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Text: Karla Fohrbeck (auf Basis der im Vorspann zitierten Quellen)
Fotos: Karla Fohrbeck, Pero Köhler, Franz Simon Meyer, Eva Rundholz

Verwandte Kirchenbeiträge: Schlosskirche & Glashütten

ZUSÄTZLICHE LITERATUR
  • Brandmüller, Walter: Das Wiedererstehen katholischer Gemeinden in den Fürstentümern Ansbach und Bayreuth. München 1963
  • Holle, J. Wilhelm: Geschichte der Stadt Bayreuth von den ältesten Zeiten bis 1792. 1900 (2), S. 142
  • Jahn, Wolfgang : Der Pedrozzi-Stuck in der Schlosskirche Bayreuth. 2012
  • Kneule, Wilhelm: Die neuere Kirchengeschichte der römisch-katholischen Gemeinde in Bayreuth 1722-1970 (S. 183ff. in ders.: Kirchengeschichte der Stadt Bayreuth. Teil II. 1973)
  • Merten, Klaus: Der Bayreuther Hofarchitekt Joseph Saint-Pierre (1708/9-1754) in Archiv für Geschichte von Oberfranken 1964
  • Pfaffenberger, Richard. Glashütten (Heimatbuch). 2004, S. 81-86
  • Sitzmann, Karl: Das Wiedererstehen der katholischen Gemeinde in Bayreuth. Fränkische Blätter Nr.10/1954
  • Specht, Karl & Siegfried Keiling (Hg): 175 Jahre Pfarrei Unsere liebe Frau (Festschrift. Bayreuth 1987)      
  • Steffel, Georg: Religionsexerzitium und Gottesdiensträume der Bayreuther Katholiken nach der Reformation bis 1813 in Archiv für Geschichte von Oberfranken (AO) 1990, S. 85-122
  • Trübsbach, Rainer: Geschichte der Stadt Bayreuth. 1993, S. 137ff.