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barocke Prachtbauten & -Strassen

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Der Gontard-Hügel (Schlossberglein)

Von einer der Brücken über den Canale Grande (Mühlkanal) oder vom Straßencafé aus hat man hier eine der klassischen Bayreuth-Ansichten vor sich. Es bietet sich ein herrlicher Blick auf die Schlossterrassen, die beiden Palais des Hofarchitekten Carl Philipp Christian von Gontard (1731-1791), das Alte Schloss und den achteckigen Schlossturm im Hintergrund. Von hier aus links sieht man übrigens auch die Opernstraße mit dem Markgräflichen Opernhaus und dem ehemaligen Redoutenhaus am Eck (Perspektive von der Tourist-Info aus).

Das Palais links von der Schlosstreppe war das Wohnhaus des markgräflichen Hofbaumeisters Carl Gontard. Er hatte es 1759-1761 für sich selbst errichtet. Das Gontardhaus gilt als gutes Beispiel für den barocken Klassizismus. Heute beherbergt das Gebäude das Dekanat der katholischen Kirche. Daher sind die Stuckdecken von Jean Baptiste Pedrozzi im Nordostzimmer des Obergeschosses und im nördlichen Salon sowie dort auch das Deckengemälde von Hofmaler Wilhelm Ernst Wunder (Sonnengott Apoll) nicht öffentlich zugänglich. In der angrenzenden (ehemaligen) Schlosskirche kann man aber ebenfalls Pedrozzi-Stuck bewundern, die einstigen Deckengemälde von W.E. Wunder dort sind jedoch einst weiß übertüncht worden.

Carl von Gontard, dem wir viele „Prachtbauten“ in Bayreuths Innenstadt verdanken – diese hier dienen nur als Beispiel – war Mitte des 18. Jahrhunderts von dem kunstsinnigen Markgrafenpaar Wilhelmine und Friedrich zum Hofarchitekten berufen worden. Markgraf Friedrich hatte den jungen Mann, dessen Vater Ballettmeister am Hof war, 2 Jahre nach Paris zur Architektenausbildung geschickt, Gontard hatte sich auch in Italien umgesehen und führte die hohen Standards am Bayreuther Hofbauamt fort. Er wurde dort 1754 Rudolf Heinrich Richter zur Seite gestellt und trat somit die Nachfolge seines bedeutenden französischen Kollegen Joseph Saint-Pierre an. Alle drei Architekten schufen beeindruckende Bauwerke, die das frühklassizistische-barocke Stadtbild Bayreuths bis heute prägen. 1756 wurde Gontard zugleich Lehrer der Perspektiv- und Baukunst an der neu gegründeten markgräflichen Akademie der freien Künste und Wissenschaften (Friedrichstraße 16) in Bayreuth.

Im Jahr 1764, kurz nach dem Tod des Markgrafen, trat Gontard in den Dienst von Wilhelmines Bruder – keinem Geringeren als Friedrich der Große. Der preußische König beauftragte Gontard mit wichtigen Bauprojekten in Potsdam und Berlin, etwa dem Deutschen Dom auf dem Gendarmenmarkt. 1768 entsteht im Auftrag Friedrichs des Großen in Potsdam durch Carl Gontard der sog. Freundschaftstempel. Die nach dem Tod von Markgraf Friedrich ebenfalls ausgewanderten Bildhauerbrüder Johann Lorenz Wilhelm und Johann David Räntz schufen darin im Auftrag des preußischen Königs die Gedächtnisstatue seiner Lieblingsschwester Wilhelmine als Philosophin (mit ihrem Hündchen Folichon) aus weißem Marmor. Hier auf dem „Gontardhügel“ sitzt sie als Bronzekopie (vom Künstler Hans Peter Widrig), in Auftrag gegeben vom Verein Markgräfliches Bayreuth.

Auch das Palais auf der rechten Seite geht auf den Architekten Gontard zurück. Dort wohnte der Kammerherr Marquis Antoine Honneste d’Adhemar, der 1752 auf Empfehlung des mit der Markgräfin befreundeten französischen Philosophen und Schriftstellers Voltaire nach Bayreuth kam. 1753 brannte das Alte Schloss nieder. Wo einst Ost- und Nordflügel standen, wird 1759 dieses Palais zeitgleich mit dem Gontardhaus errichtet – die Markgräfin will den geistreichen, aufgeklärten und weltläufigen Kammerherrn in Bayreuth halten und stellt ihm das Grundstück zur Verfügung. Man kann die Rückseite dieses repräsentativen Gebäudes auch vom Hof des Alten Schlosses aus betrachten – klassizistische Fassade mit säulengestütztem Balkon und Dreiecksgiebel.

Der Verein „Harmonie“ erwarb dieses Haus im Jahr 1805. Rasch wurde es zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Bayreuth. Im Konversationssaal versammelte sich die gesprächige Herrenwelt. An einem Ecktisch konnte man damals abends auch den Dichter Jean Paul mit Freunden und Bekannten treffen. Bis 1929 wurden hier Konzerte, poetische Lesezirkel, Bälle und Gesellschaftsabende veranstaltet. Heute ist der katholische Kindergarten dort untergebracht.

Text & Fotos: Karla Fohrbeck

Info-Box

Kontakt:

Schlossterrassen und Canale Grande
direkt vor der Tourist-Information

Opernstraße 22
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 / 885-88

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Einweihung der Wilhelminebronze 2012