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MARKGRAFENKIRCHEN

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Bayreuth –Friedhofskirche

An der Erlanger Straße Richtung Altstadt liegt rechter Hand der Stadtfriedhof. Schon 1533 reichte der Friedhofsplatz um die Stadtkirche nicht mehr aus und dieser ergänzende Friedhof wurde angelegt, damals weit vor den Toren der Stadt. Er hatte schon 1562 eine kleine Friedhofskirche mit einem Chor-Anbau von 1599. Im linken Seitenschiff der gotischen Stadtkirche ist auf dem Predella-Gemälde vom Küffnerschen Epitaph an der Wand die älteste Stadtansicht von Bayreuth aus dem Jahr 1615  abgebildet und darauf ist auch die damalige Gottesackerkirche zu erkennen. So heißt sie im Volksmund übrigens auch heute noch.

Der Neubau als Markgrafenkirche stammt von 1779-1781. Der Friedhof an der Stadtkirche wurde damals aufgelöst und ganz an das Gelände am Mistelbach verlegt. Die Kirche aus Sandsteinquadern (teils auch aus Bruchsandstein) gehört zum Typus protestantische Predigt-Saalkirche und repräsentiert eine einfache Form des klassizistischen Barock mit Portalrisaliten, Dachreiter (statt Turm), Kranzgesims und steilem Walmdach. Innen ist sie mit einer Flachdecke über breiter Hohlkehle ausgestattet, der Grundriss ist rechteckig mit abgeschrägten Ecken und die rundumlaufende Empore steht auf Holzpfeilern.

Hofbauinspektor und damaliger Leiter des Hofbauamtes Johann Gottlieb Riedel war der ausführende Hofarchitekt. Sein 14-jähriger Sohn und später ebenfalls Hofarchitekt Carl Christian Riedel darf schon den Riss zeichnen und im Turmknauf auf dem elegant gekurvten Helm des schweren Dachreiters verstauen: „den Grund- und Aufriss der Alten Baufälligen Gottes-Acker-Kirche allhier zu Bayreuth, welche 217 Jahre gestanden und im Monat April 1779 abgebrochen worden“. Er sollte 1798-1800 noch die Kirche in Bad Berneck als letzten Neubau im klassischen Markgrafenstil verantworten.

Ein wertvolles Schmuckstück ist der kunstvolle Orgelprospekt von Hofbildhauer Johann Gabriel Räntz, der 1750 für die Spitalkirche geschaffen wurde und 1781 der neuen Gottesackerkirche gestiftet wurde. Er ist mit dem Monogramm FMZB und dem Fürstenhut gekrönt, erinnert also noch an Markgraf Friedrich (1735-1763).

Auch für den Kanzelaltar gab Johann Gottlieb Riedel den Entwurf vor. Der ausführende Hofbildhauer war Franz Peter Schuh, von dem auch das Altarkruzifix und zwei von den Inschriften über den Kirchenportalen stammen (und der uns bei etlichen Markgrafen- kirchen begegnet). Besonderheiten sind das Auge Gottes als Symbol der Trinität in Strahlenglorie mit großem Wolken- und Strahlen- kranz auf dem Gesims und seitlich je eine Flammenurne mit Totenkopf, auch Sanduhr und Sense als Todessymbole auf der Kanzel-Stirnseite. Die Ausstaffierung mit Gold und Farben übernahm (laut Sitzmann 1951) der Hofmaler W. E. Wunder.

Die Friedhofskirche gehörte seit je zur Bayreuther Stadtkirche. Sie blieb lange ungenutzt. 1898 wird sie als Pfarrkirche für die Altstadt neu geweiht und erhält einen „Hilfsprediger“. 1926, 1946 (Kriegsschäden) und 1983 wurde sie restauriert. Von 1946 stammen auch die Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangs-Inschriften direkt über den Seitentüren. Seit langem wird die Friedhofskirche (leider) nur zu Begräbnis- und Gedenk-Gottesdiensten geöffnet. Im Rahmen des Projekts Markgrafenkirchen der Regionalbischöfin soll sie aber künftig auch zu Besichtigung und Meditation geöffnet werden.

Info-Box

Evangelisch-lutherische Friedhofskirche 
Erlanger Str. 42
95444 Bayreuth

gehört zum Pfarramt Stadtkirche Bayreuth
Kanzleistr. 11
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 / 596 800
http://www.stadtkirche-bayreuth.de/
Die Friedhofskirche ist derzeit nur zu Begräbnis- und Gedenkgottesdiensten geöffnet, die Öffnung zu Besichtigung und Meditation ist jedoch seit Jahren vorgesehen.

Memento mori

An jeder der beiden Haupt-Fassadenseiten ist ganz oben eine lateinische Inschrift eingemeißelt, von Hofbildhauer Franz Peter Schuh

  • Über dem Haupteingang gegen Süden und zur Erlanger Straße hin:
    EN TEMPLUM MORTIS SIC VIVERE DISCE VIATOR UT MORIENS VITAE TEMPLA SUBIRE QUEAS
    Siehe, der Tempel des Todes! Wanderer lerne so zu leben, dass du im Sterben die Tempel des Lebens betreten kannst.
  • Nordwärts zu den Gräbern hin:
    DISCE MORI VIVENS MORITURUS VIVE SUBINDE UT TE LUX COELI DUM MORIERE BEET
    Lerne während du lebst zu sterben und lebe als einer, der allmählich stirbt, damit dich das Licht des Himmels beglückt, während du stirbst.

Die beiden Memento-Mori-Platten über den Türen der Seiteneingänge stammen von 1946.

  • Über dem Eingang vorne (denn im Osten geht die Sonne auf):  
    ET ORTO VITAE SOLE RESURGIT HOMO
    Und nachdem die Sonne des Lebens wieder aufgegangen ist,
    ersteht auch der Mensch wieder auf.
  • Über der kleinen Tür hinten (und im Westen geht sie unter):
    OCCIDIT OMNIS HOMO VITALI SOLE CADENTE
    Jeder Mensch stirbt, wenn die Sonne des Lebens untergeht.

Epitaphe an der Kirchen-Außenwand

Alte Grabplatten und Epitaphe wurden auf Anordnung von Markgraf Alexander (1769-1791) außen an der Kirchenmauer neu platziert. Hier nur einige schöne Beispiele, die zum 18 Jh. und Umfeld des markgräflichen Hofes gehören, an der Außenmauer stehen und da entziffert werden können.

Der Stadtfriedhof hat außerdem viele historische Gräber aufzuweisen, die dort ausgeschildert sind und einen stillen Spaziergang lohnen (u. a. von Jean Paul, Franz Liszt & Angehörigen der Wagner-Familie).

Text & Außenfotos: Dr. Karla Fohrbeck
Das Foto vom Kanzelaltar stammt von Franz Simon Meyer