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MARKGRÄFLICHE  BAROCKGÄRTEN & PARKS

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Himmelkron –
Baille-Maille-Allee

Der Bayreuther Markgraf Christian Ernst (1644/1661–1712) begegnete diesem Spiel der Aristokraten vermutlich auf seiner Kavalierstour durch Frankreich. Kurz darauf entstanden in der Residenzstadt Bayreuth im Hofgarten, der Eremitage und sogar an seiner Sommerresidenz in Himmelkron Baille-Maille-Spielanlagen. Letztere ist für 1662 als Erstanlage verbürgt. Nach französischem Vorbild bestand diese Anlage aus einer vierfachen Baumreihe – jede Reihe mit 200 Linden.

Die Allee war ein Teil der Veränderungsmaßnahmen, die aus dem ehemaligen Zisterzienserinnen-Kloster die Sommerresidenz der Bayreuther Markgrafen machen sollten. Man spielte dort Baille-Maille (englisch: Pall Mall), ein Laufspiel, bei dem die Holzkugeln mit dem Ball-Holzhammer geschlagen wurden. Ziel war es, einen Ball aus Buchsbaumholz, der mit ca. einem Fuß Umfang (etwa 30 cm) ungefähr die Größe eines modernen Krocketballs hatte, mit möglichst wenigen Schlägen eines schweren hölzernen Schlägers (des mallet) entlang der Bahn und durch den Reifen zu schlagen. Daraus entwickelten sich später die Spiele Krocket, Boule und Golf.

Ähnliche Alleen gab es in jener Zeit bei vielen Schlössern. Auch im Park des Adelsschlosses der Grafen von Giech in Thurnau gab es im 18. Jh. eine Baille Maille, aber davon ist außer Resten eines Teehauses nichts übriggeblieben. Viele Städte und historische Parks haben immer noch lange, gerade Straßen oder Promenaden, die sich aus diesen Spielbahnen entwickelt haben. Straßen in New York und London heißen Pall Mall (siehe dazu: Stadtplan-Auszug mit der Pall Mall in London von 1799). „The Mall“ in Hamburg-Altona gibt es heute noch als die „Palmaille“ (Stich von 1850 Pallmaille Hamburg – Altona). Als das Spiel aus der Mode kam, entwickelten sich einige dieser Pall Malls zu Einkaufsmeilen – daher auch die heutige Bezeichnung von Einkaufszentren in den USA als shopping malls. Andere verwandelten sich in begrünte, schattige Promenaden, die oft auch heute noch malls genannt werden.

Mitte des 18. Jahrhunderts, zur Zeit Markgraf Friedrichs, weilte der Hofstaat oft in der markgräflichen Sommerresidenz. Schlosshof und Pfarrhaus wurden erweitert, der gotische Engel-Kreuzgang um den Klosterhof (leider) auf einen Flügel reduziert, in der Baille- Maille- Allee jedoch eine Menagerie und eine neue Bogenbrücke über den Weißen Main angelegt. Markgräfin Wilhelmine schwärmte von der 800 Meter langen Baille-Maille Allee in ihren Briefen an den Bruder Friedrich den Großen: „… beinahe so schön wie die in Utrecht!“, die selbst dem französischen Sonnenkönig als die schönste von Europa galt.

Die Allee in Himmelkron jedoch wurde 1792 auf Geheiß des Markgrafen Christian Friedrich Karl Alexander (1769-1791) gegen den Widerstand der Bevölkerung von preußischen Soldaten abgeholzt, um den Staatshaushalt zu sanieren. Im Oktober 1986 wurden die ersten Bäume wieder angepflanzt, im April 1992 pflanzte Regierungspräsident Dr. Erich Haniel die letzte Linde zum Gedenken an die Abholzung 200 Jahre davor.

Inzwischen pilgern wieder zahlreiche Besucher zu diesem Denkmal – im Sommer zur jährlich stattfindenden Garten- und Kunstmesse an einem Tag sogar bis zu 10.000. Diese Veranstaltung mit 150 Ausstellern wurde von einer TV-Zeitschrift im Jahre 2013 in den Kreis der 100 schönsten Sommerveranstaltungen in Deutschland gewählt. Nicht umsonst wurde 2016 die Baille-Maille-Lindenallee als Außenstelle der Landesgartenschau in Bayreuth mit aufgenommen.

Übrigens

Auf Markgraf Christian Ernst geht auch die Barockisierung der gotischen Stiftskirche zurück. Er legte auch den Grundstein für den Schlossneubau, der als Prinzenbau mit Roter-Adler-Ordenssaal von seinem Sohn, damals noch Erbprinz Georg Wilhelm (1678/1712-1726) vollendet wurde. Letzterer gab dem Hofbaumeister Elias Räntz auch den neuen Kanzelaltar in Auftrag.

Der Vater des Markgrafen Friedrich, Markgraf Georg Friedrich Karl (1688/1726-1735) und sein Onkel, Markgraf Friedrich Christian (1708/1763-1769), der sein Nachfolger wurde,  sind beide in der Fürstengruft in der Ritterkapelle begraben. Die „corona coeli“ bevorzugten sie weniger wegen der Jagd- und Spielfreuden, sondern als Rückzugsort.

Text und Fotos: Reinhard Stelzer/ Gemeinde Himmelkron
Quelle: Reinhard Stelzer, Die Baille-Maille-Lindenallee zu Himmelkron. 2021. Gemeinde Himmelkron

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Baille Maille Lindenallee Himmelkron

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Kunst in der Baille Maille 

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