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MARKGRÄFLICHE  BAROCKGÄRTEN & PARKS

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Wonsees – Felsengarten Sanspareil

„Man fand diese Erscheinung hier bei Zwernitz auf einer Jagd und hat nun aus diesem Walde einen Garten gemacht, der äußerst feenhaft ist“
(Ludwig Tieck, 1793)

Geschichte

Der Felsengarten war eine Entdeckung „sans pareil“ – Ohnegleichen. Das Jagdgebiet und die Burg Zwernitz waren zwar schon seit 1290 im Besitz der Hohenzollern. Der Buchenhain mit seinen bizarren Felsformationen veranlasste schon 1604 den aus Wonsees stammenden Humanisten Friedrich Taubmann, als Analogie die homerische Insel Ithaka zu assoziieren – Heimat des Odysseus und seines Sohnes Telemach. Aber erst bei einem markgräflichen Jagdausflug fiel 1743/44 die Entscheidung, diese Landschaftsinsel in eine Gartenanlage, einen literarischen Park und eine Eremitage umzuwandeln.

Der Morgenländische Bau, Parterre und Küchenbau

Wie von Zauberhand entstanden unter der Leitung von Hofarchitekt Joseph Saint Pierre 1745-1748 im vorgelagerten Terrassenbereich der Morgenländische Bau, gegenüber der einstige Küchenbau mit damals zwei angegliederten Kavaliershäuschen und seitwärts den Retraiten für das Markgrafenpaar (Eremitenhäuser mit eigener Grotte darunter). Das kleine Phantasieschloss lohnt die Besichtigung. Außen wie die Grotten und das Alte Schloss in der Eremitage aus unbehauenem Tuffstein behauen, mit „orientalischer Kuppel“ – Innen keineswegs höfisch „repräsentativ“. Hier gruppiert sich eine Serie intimer Kabinette, vom Hofstukkateur Pedrozzi aufgeheitert und mit Ledertapeten, Skulpturen, Rokokomöbeln und Porträts ausgestattet, um einen Innenhof mit Buche und dicht dahinter einer Felsenwand. Vom Schlosscafé aus (mit köstlichen Blechkuchen) hat man einen schönen Blick darauf.

Das literarische Programm im Felsengarten

Ein solches Naturbewusstsein war 1743-1745, als der Felsengarten „entdeckt“ und „Ohnegleichen“ (sans pareil) ausgestaltet wurde, höchst ungewöhnlich. „Die Natur selbst war die Baumeisterin“ wird ein Ausspruch von Markgräfin Wilhelmine gerne zitiert. Sie entwickelte hier ein eigenwilliges Kontrastprogramm zu den damals durchaus noch üblichen geometrischen Gartenanlagen – im Vorgriff auf die englischen und romantischen Landschaftsgärten. Mit Lust-Kabinetten, Treppen, exotischen Pavillons, Baumtischen, Belvedere-Aussichtsplattformen, Bogengängen, einer bequemen Strohhütte für die 12jährige Tochter, Staffagebauten, Chinoiserien wurden den natürlichen nun auch künstliche Überraschungen eingefügt.

Und die Höhlen, Grotten und Felsen in der naturbelassenen Waldumgebung erhielten ein „literarisch-philosophisch-spielerisches“ Programm, wurden dem Windgott Äolus, der Jagdgöttin Diana, dem Naturgott Pan oder der Verführerin Calypso gewidmet und als „Läuterungs- und Einweihungsweg à la Telemach“ aneinander gereiht. Natürlich war es auch eine satirische Anspielung auf den damals allseits bekannten Telemach-Erziehungsroman des Bischofs Fénélon für fürstlichen und adeligen Nachwuchs. Auf ovalen Täfelchen im Park werden diese mythologischen Szenen auf zeitgenössischen Stichen anschaulich erläutert.

Das Ruinentheater

Zum Programm europäischer Barockanlagen gehörten selbstverständlich Ruinen als Zitate der Vergänglichkeit und des memento mori. Aber Ruinentheater gibt es nur zwei – beide von Markgräfin Wilhelmine und Hofbaumeister Saint Pierre, eins in der Eremitage, eins hier am Ende des Parks. Beide werden im Sommer von der Studiobühne Bayreuth bespielt, und wer bei Mondschein und Glühwürmchen-Beleuchtung seinen Heimweg antritt, wird solche Erlebnisse nicht so leicht vergessen. Der Einweihungsweg für die Hofgesellschaft endet in diesem einzigartigen Ruinentheater, wo über das Theater des Lebens gelacht und geweint, zumindest nachgedacht werden darf.

Et in arcadia sum

Auch in Arkadien waltet der Tod, meint dieser Spruch. Wie mit Zauberhand verfiel dieser Traum auch wieder, denn es gelang nicht, dem kalkigen Boden genügend Wasser – auch für die üblichen und aufwendigen Wasserspiele – zu entlocken und die Reisestrecke von Bayreuth aus war lang und beschwerlich. Zwar war dieser „merk-würdige“ Ort noch lange nach dem Tod des Markgrafenpaares beliebtes Reiseziel. Aber die 14 Hektar große Anlage verfiel immer mehr, die Häuschen wurden Anfang des 19. Jahrhunderts auf Abbruch verkauft und die romantische Mode wollte „Natur pur“ – ohne künstliche Requisiten und Zitate. Seit 1942 betreut die Bayerische Schlösserverwaltung diesen einmaligen Felsengarten und rekonstruierte ab 1951 Park, Morgenländischen Bau und Terrassenparterre.

Schneebilder

Historische Bilder

Text: Karla Fohrbeck
Fotos: Bayerische Schlösserverwaltung • www.schloesser.bayern.de | Karla Fohrbeck
Historische Stiche von Johann Gottfried Köppel (Sohn), 1793; Sanspareil-Führer von 1922