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MARKGRAFENKIRCHEN

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Schöpferische Ökumene

Man macht sich kaum bewusst, welche politische Leistung es im 18. Jh. war, nach einem Jahrhundert von Kriegs- und Raubzügen, territorialen Zwistigkeiten, Religionsfehden und Rechtsstreitereien  zwischen niederem Adel, freien Reichsrittern,  Bischöfen und Markgrafen zu einer fest gegründeten Friedenspolitik auf Basis gemeinsamer Werte „umzurüsten“. Die Region blühte auf, auch wenn der Preis in Form von Staatsschulden hoch war, und blieb weitgehend von Kriegen verschont.

Dabei spielten sowohl im europäischen Wettbewerb wie regional die Hof-, Bau- und Festkultur, die gemeinsame protestantische Religion, aber auch Orden und Freimaurer-Logen als ethische und gesellschaftliche Gemeinschaften eine wichtige Rolle. Lutheraner, Pietisten, Hugenotten und Reformierte waren nicht immer einheitlich gesinnt. Auch galt es, Katholiken und Juden wieder anzusiedeln und zu schützen. Aufklärung, Toleranz, Weltoffenheit und „Ökumene“ prägten daher den markgräflichen Hof in Bayreuth und zunehmend auch die Adelshöfe im Umland.

Internationale wie regionale Künstlerschaft profitierte davon, ebenso der Landkirchenbau. Sofern der Markgraf das Kirchenpatronat hatte, galt in Variation von Mode und allgemeiner Stilentwicklung ein zwar variables, aber doch verbindliches Architektur- und theologisches Bildprogramm. Es entwickelte sich unter der Gesamtleitung von Hofbauamt (stets von 2 Hofarchitekten geleitet) und Markgraf bzw. Markgräfin, und in Diskussion mit dem Konsistorium, das aus 3 geistlichen und 3 weltlichen Herren bestand. Sicher machten auch Superintendenten (Dekane) und Hofprediger ihren Einfluss geltend.

Viele Erstentwürfe kamen direkt von den aufgeklärten und weit gereisten Hofarchitekten – auch für Kanzelaltäre, Deckengemälde oder Stukkaturen. Ab 1741 gehörten sie auch zur christlichen Freimaurerloge von Markgraf Friedrich. Musterbücher, Grafik- und Kupferstich-Sammlungen ermunterten zur stilistischen Vielfalt, aber jeder „Riss“ (Entwurfsplan) musste vorgelegt und genehmigt, das Bildprogramm abgestimmt werden und die Endabrechnung der „Akkorde“ (Honorare) wurde vom Hof überprüft.

Katholische, oft italienische Hof-Stukkateure, die teils schon für Ottobeuren oder  Würzburg tätig waren, schenkten vergoldete Symbolik, farbige Blumen- und leichte Engel-Fröhlichkeit. Und regionale, aber vom Markgraf „privilegierte“und zumeist protestantische Handwerker sorgten für entsprechend kreative Bodenständigkeit und bäuerlich vitale Lebensfreude. Bau-, Maurer- und Zimmermeister, Maler, Bildhauer, Schreiner, Orgelbauer, Glockengießer, Kunstschmiede und Vergolder fanden hier Arbeit und Brot.

Aus dieser Vielfalt entwickelte sich dieser klare barocke, protestantische Kirchenbau im Markgrafen-Stil – typisch für Franken? Ja!
Denn: „Der Franke ist ein Gewürfelter“ (Max von Aufsess).

Barocke Glockentürme

Engelstuck – Kinderengel

Engelstuck – Hofdamenengel

Text & Fotos: Karla Fohrbeck

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