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MARKGRÄFLICHE BAROCKGÄRTEN & PARKS

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Eckersdorf / Donndorf –
Park Fantaisie

Ein Arkadien im Wandel der Zeiten

Die Park- und Gartenanlagen von Schloss Fantaisie präsentieren die Ideen der höfischen Gartenkunst und des sich wandelnden Naturbewusstseins vor allem für den Zeitraum von 1758 bis 1881. Die fürstlichen Besitzer wechselten, haben alle zu dieser Gartenkomposition etwas beigetragen, stets hat sich die Anlage dem Zeitgeschmack und den persönlichen Vorlieben entsprechend etwas verwandelt, wurde umgestaltet, aber die Liebe zu dieser Parklandschaft und die Achtung vor den Träumen und Leistungen der jeweiligen Vorgänger/innen ist heute noch spürbar.

Die ersten Pläne gehen auf die Italienreise und die Antikenbegeisterung des Markgrafenpaares Friedrich und Wilhelmine vom Oktober 1754 bis zum August 1755 zurück. „Was ich von Italien gesehen habe, übertrifft alles, was man mir davon erzählt hat“, schreibt sie – und dieser Einfluss ist unverkennbar. 1756 fiel das Gelände in Donndorf an die Markgrafen zurück, da die Besitzer von Lüchau keine Erben hatten. Vielleicht wollte man auch schon damals der einzigen, aus unglücklicher Ehe in Stuttgart zurück gekehrten Tochter ein Domizil schaffen. Im Hofbauamt waren Heinrich Rudolf Richter und der junge Carl Philipp von Gontard die führenden Architekten.

Erich Bachmann, der viele Führer und Studien zum „Reich der Wilhelmine“ verantwortete, notiert daher 1959: „Mit dem Bau des Schlosses ‚Fantaisie‘ bei Bayreuth begann man kurz vor dem Tode der Markgräfin Wilhelmine. Römische Villen (vielleicht die Villa Pamfili) hatten die Markgräfin hierzu angeregt. Der Garten, dessen Vollendung die Markgräfin nicht mehr erlebte, vertrat ebenfalls den Typus des Felsengartens“. Da Wilhelmine im Oktober starb, wurden die Arbeiten abgebrochen.

Drei Jahre nach dem Tod seiner Gattin Wilhelmine nahm Markgraf Friedrich 1761 (er war inzwischen wieder verheiratet) die Bauarbeiten wieder auf, ohne deren Fertigstellung zu erleben. Sylvia Habermann zitiert in ihrem Klassiker zur „Bayreuther Gartenkunst“ (S. 70) eine Anweisung der Hofkammer vom 19. November 1761: „Nachdeme Ihro Hochfürstl. Durchlaucht d. 6. huius mensis den gnädigsten Entschluß gefaßet, zu Dondorff ein neues Schloß bauen zu lassen  . . . “. Zu dieser Zeit leiten weiterhin Rudolf Heinrich Richter und Carl Philipp von Gontard das Hofbauamt und sind für die Baudurchführung verantwortlich. 1763 stirbt der Markgraf.

Seine und Wilhelmines einzige Tochter Elisabeth Friederike Sophie erwarb 1763 den Besitz von ihrem Onkel, dem Nachfolge-Markgraf Friedrich Christian, gegen Übergabe eines Großteils ihres Juwelenschatzes, und nannte ihn »Fantaisie«. Sie setzte die Bauarbeiten mit Architekt Jacob Spindler fort und ließ das Schloss vollenden, blieb aber vorerst – wie später auch generell in den Wintermonaten – im Alten Schloss in Bayreuth wohnen. 1765 konnte sie einziehen, nutzte Fantaisie bis 1780 als Sommersitz und ließ einen spätbarocken RokokoGarten anlegen. Aus dieser Zeit sind der Tee-Pavillon bzw. das Komödienhaus von Gontard (1763), die Kaskade, das Labyrinth aus Laubengängen, Stützmauern, Treppenanlagen und zwei originelle Sandsteinbänke erhalten geblieben. Der Neptunbrunnen ist eine Komposition aus Teilen der im Bayreuther Hofgarten verstreuten Skulpturengruppe „Triumphzug des Neptun und der Amphitrite“. Ihre Feste und ihre Gastfreundschaft waren berühmt.

Nach ihrem Tod verwaltete erst die Hofkammer von Markgraf Alexander, der vorwiegend in Ansbach residierte, dann der Kämmerer und Oberforstmeister von Obernitz als preußischer Verwalter den Besitz, der Verfall war jedoch kaum aufzuhalten. Eine Wende trat ein, als Herzogin Friederike Sophie Dorothee von Württemberg Schloss und Garten 1793 erwarb und bis 1795 verwaltete. Sie erweiterte die Gartenanlagen im Stil des sentimentalen Landschaftsgartens und ließ eine Katakombe mit Urnen, ein Mausoleum, verschiedene Inschriften und Ruhesitze sowie die Säule der Eintracht errichten, nutzte einige Sandsteinfelsen für Staffagearchitekturen und ließ den Rokoko-Garten intakt.

Ihr Sohn Herzog Alexander I. Friedrich Karl von Württemberg (1771-1833) nutzte Fantaisie als Sommersitz. Die Anlage wurde vernachlässigt, da der Herzog seit 1806 als General im Dienste des russischen Zaren an den napoleonischen Kriegen aktiv teilnahm. Nach Ende dieser welthistorischen Auseinandersetzungen konnte er sich wieder intensiver um die Fantaisie kümmern. Auf ihn gehen die Alexanderkapelle und der Gedenkstein an die Schlacht von Borodino 1812 zurück. 1819 lernte er hier bei seinen Spaziergängen Jean Paul kennen, der die Fantaisie in seinem Roman „Siebenkäs“ verewigte. Er schätzte ihn sehr und ließ ihm (auf halbem Weg zwischen Herzogsweiher und späterem Hotel) einen Gedenkstein setzen: „Jean Paul! Dem sinnigen und erhabenen Dichter/ Deutschlands vorzüglichstem Musensohne/ Dem Freunde der Natur und der Kunst/ Deutschlands Zierde. Deutschlands Stolz.“

Herzog Alexander II. von Württemberg brachte Fantaisie in den Jahren 1839 bis 1881 den Schlosspark in seine noch heute bestehende Form. Ihm verdanken wir die Weinterrassen am Schlossabhang und die Rasenflächen mit den eingefügten Blumenbeeten. Heckenkabinette und Labyrinth ließ er unverändert, fügte aber Skulpturen, Brunnen, weitere Pavillons und Terrassen hinzu, ließ seltene exotische Bäume und Pflanzen einführen und in einem Orangeriehaus züchten und um den „Herzogsweiher“ Fischerhäuschen, Vogelhaus und Fasanerie pflegen. In Geigenreuth betrieb er die Meierei. Sein stilpluralistischer Historismus entsprach dem Zeitgeschmack und repräsentiert daher die dritte Epoche der Gartenkunstgeschichte auf diesem Gelände. Er ließ auch das Schloss 1850/52 im Florentiner Stil aufstocken und umbauen. Von Ende April bis September 1872 wohnte die Familie Richard Wagners mit Hund Russ im vor kurzem eröffneten Hotel Fantaisie und Cosima beschreibt in ihren Tagebüchern die freundlichen Begegnungen mit dem Herzog.

Häufiger Besitzerwechsel kennzeichnet die Jahrzehnte danach, der Park verwilderte und verfiel immer mehr. Auch das Schloss verwahrloste. 1961 übernahm die Bayerische Schlösserverwaltung die Anlage, vermietete sie lange an wiederum wechselnde Nutzer, restaurierte dann aber in den 90er Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends Stück für Stück die verfallenen Bereiche nach historischen Stichen und Vorlagen – das originäre Labyrinth, die Heckenquartiere, den Obstbaum-Nutzgarten, die Rasenspirale und den Neptunbrunnen, die Kaskade, die Teppich- und Schmuckbeete und die Weinterrassen.

Krönung war 2000 die Eröffnung des ersten Gartenkunst-Museums Deutschlands in Schloss Fantaisie. Anhand zahlreicher und wertvoller Exponate wird hier die Geschichte der Gartenkunst vom 17. bis zum 19. Jahrhundert anschaulich dargestellt. In den Museumsrundgang eingebunden sind der Weiße Saal sowie die Nachbildung des berühmten Spindler-Kabinetts mit seiner aufwendigen Marketerie. Der reizvolle Schlosspark mit den originalen Gestaltungselementen der drei wichtigen Stilphasen Rokoko, Empfindsamkeit und Historismus ist wesentlicher Bestandteil des Gartenkunst-Museums Schloss und Park Fantaisie. Ihm ist daher ein eigener Eintrag gewidmet.

Text & Recherche: Karla Fohrbeck und Frank Piontek
Fotos: Karla Fohrbeck

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Historische Bilder

Fantaisie im Schnee

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Wechselhafte Besitzer-Geschichte

Bis 1756 sind die Herren von Lüchau Eigentümer. Das Gelände fällt wegen fehlender Nachkommen an die Markgrafen von Bayreuth zurück.
1758: Beginn des Schlossbaues unter Markgraf Friedrich und Markgräfin Wilhelmine (Hofbaumeister Rudolf Heinrich Richter und Carl Philipp Christian von Gontard), wohl nach Vorbildern von der Italienreise des Markgrafenpaares wie der römischen Villa Doria Pamphili. Abbruch der Arbeiten mit dem Tod der Markgräfin am 14. Oktober. Im Park sollten wohl Elemente des Felsengartens, der natürlich vorgebildet war, aufgegriffen werden –an Sanspareil anknüpfend. Diese Planungen kamen aber nicht mehr zum Zuge.
1761: Der Markgraf, inzwischen wieder verheiratet, nimmt die Bauarbeiten im November wieder auf, beginnt vor allem mit dem „Neuen Schloss“, wobei die führenden Hofarchitekten weiterhin Richter und Gontard sind. Das Schloss war jetzt für seine junge 2. Gemahlin Sophie Caroline Marie (1737-1817) gedacht, die sich im frisch um- und ausgebauten Schloss Colmdorf an der Königsallee angeblich nicht so wohl fühlte, wie es sich Markgraf Friedrich bei der „Morgengabe“ zur Hochzeit erhofft hatte. Aber der Markgraf stirbt im Februar 1763 und die junge Witwe zieht nach Erlangen.
1763: Herzogin Elisabeth Friederike Sophie von Württemberg, einzige Tochter von Markgraf Friedrich und Wilhelmine, übernimmt den Besitz nach dem Tod ihres Vaters, Markgraf Friedrich, und Regierungswechsel von ihrem Onkel, Markgraf Friedrich Christian, der mit dem Schuldenabbau beginnen muss, gegen Übergabe eines Großteils ihres Juwelenschatzes.
1765: Die Herzogin zieht in das nun, mit Architekt Spindler (einem Schüler Gontards) vollendete Schloss ein, das sie bis 1780 als Sommersitz nutzt und ihn „Fantaisie“ nennt. Im Winter wohnt sie im Alten Schloss in Bayreuth. In diesem Zeitraum wird auch der spätbarocke Garten vervollständigt. Aus dieser Zeit sind der Pavillon, die Kaskade und der Neptunbrunnen erhalten geblieben.
1780-1791: Markgraf Alexander von Ansbach, er ist nur in den Sommermonaten für einige Wochen in Bayreuth, Fantaisie wird vernachlässigt, die Pflege solcher Parks ist aufwendig.
1791-1793: Preußischer Staat (Verwalter ist der Kämmerer und Oberforstmeister Traugott Friedrich von Obernitz)
1793-1795: Herzogin Friederike Dorothee Sophie und Herzog Friedrich Eugen von Württemberg. Sie ließ den Park im Stil des sentimentalen Landschaftsgartens erweitern und eine Katakombe und die Säule der Eintracht errichten.
1795-1833: Herzog Alexander I. von Württemberg
1833-1881: Herzog Alexander II. von Württemberg erweitert die Parkanlage um Elemente des stilpluralistischen Historismus. Er brachte Fantaisie in den Jahren 1839 bis 1881 durch den Umbau des Schlosses und die Ergänzung des Schlossparks durch landschaftlich gestaltete Parkräume, Skulpturen, Brunnen und Terrassen in seine noch heute bestehende Form
1882-1895: Konsortium Feustel, Schwabacher, Eysser
1895-1897: Ernst Hüttenrott, preußischer Forstassessor
1898-1908: Martin de Cuvry, Oberleutnant aus Bonn
1908-1928: Familie Schmidt-Oertel
1929-1937: Fürst Edmund von Wrede
1937-1945: Nationalsozialistischer Lehrerbund
1945-1948: US-Regierung (Sanatorium der US-Armee)
1948-1961: Bayerisches Rotes Kreuz (Lungenheilanstalt)
Seit 1961: Freistaat Bayern (der Besitz wird mehrfach untervermietet an Firmen wie Photo-Porst und andere Nutzer). In den 90er Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts sorgfältige Instandsetzung und Rekonstruktion der einzelnen Gartenbereiche durch die Bayerische Schlösserverwaltung. Pflege durch verwaltungseigenes fachkundiges Personal.
2000: Eröffnung des ersten deutschen Gartenkunstmuseums durch die Bayerische Schlösserverwaltung BSV. Anhand zahlreicher und wertvoller Exponate wird hier die Geschichte der Gartenkunst vom 17. bis zum 19. Jahrhundert anschaulich dargestellt. In den Museumsrundgang eingebunden sind der Weiße Saal sowie die Nachbildung des berühmten Spindler-Kabinetts mit seiner aufwendigen Marketerie. Der reizvolle Schlosspark ist von originalen Gestaltungselementen der drei wichtigen Stilphasen Rokoko, Empfindsamkeit und Historismus geprägt. Er ist wesentlicher Bestandteil des Gartenkunst-Museums Schloss und Park Fantaisie.
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