ENTDECKE

BRÜCKEN aus dem Barock

ZURÜCK ZUR ÜBERSICHT

Hochwassergefahr –
Brückenschicksal am Annecyplatz

Bauherr der über 10 Meter breiten ersten repräsentativen markgräflichen Mainbrücke mit ihren 5 halbkreisförmigen Flussöffnungen war Markgraf Friedrich (1735-1763), aus dessen Regierungszeit auch das Reitzenstein-Palais und die dreiflügelige Mainkaserne stammten (rechte Seite Luitpoldplatz bzw. rechte Seite Bahnhofstraße, jeweils von der Brücke aus gesehen).
Wie ein Katzenbuckel wölbte sich die alte Kasern(en)brücke von 1752 über die Mainaue. Nach eineinhalb Jahrhunderten wurde sie durch eine Bogenbrücke aus Fichtelgebirgsgranit ersetzt und am 17. Juni 1905 durch Prinz Ludwig (der spätere König Ludwig III) eingeweiht und Ludwigsbrücke getauft.
„Ja sagens einmal, wo ist denn das Wasser?“, soll er mit Blick auf das dürftige Rinnsal gefragt haben. Denn der Altarm des Roten Mains führte normalerweise nicht allzu viel Wasser, da von ihm der Mühlkanal abzweigt, der auf dem Weg über Münzgasse, Luitpoldplatz und Kanalstraße erst am ZOH wieder in den Main mündet. Aber zweimal im Jahr kam das Hochwasser.

Auf den alten Ansichtskarten sieht man Richtung Luitpoldplatz den großzügigen Boulevard der Wölfelbauten mit Baum- und Flaniermeile, in Richtung Bahnhof den Schwanen-­Gasthof. Idyllisch grasten auch in den 50er und 60er Jahren noch Pferde und Schafe am städtischen Ufer, Kinder badeten und spielten am Wasser und Angler fanden dort Muße und Fische.

Am 5. Dezember 1968 fuhr das letzte Automobil über die Ludwigsbücke, sie musste verkehrstechnischem Fortschritt weichen. Und zur Festspielzeit 1969 waren die 180 Meter lange Mainüberdachung und der Annecyplatz fertig. Übrig geblieben sind die vier Sandstein-Pylonen, an denen die einst moderne Gasbeleuchtung hing. Etwas grau geworden entdeckt man drei davon am Ellrodtweg (Ecke Friedrich-Ebert-Straße). Eine erinnert hier auf dem Platz an die frühere Pracht.

Die einstige Ludwigsbrücke

Überflutungen 1901, 1909, 1963 und 1995

Bevor man sich entschloss, den Main im Stadtzentrum zu regulieren, gab es im Frühjahr und Herbst oft schwere Hochwässer. Luitpoldplatz und untere Bahnhofstraße, vor allem aber die damaligen Armenviertel um den Neuen Weg sowie Main- und Schulstraße waren betroffen. Die dichte Bebauung der früheren Herrenwiese mit ihren natürlichen Flutmulden durch die repräsentativen Wölfelbauten in der Gründerzeit hatte eine Art Talsperre verursacht. Aber auch davor, z.B. 1842, 1845, 1890, 1897 wird von  Überschwemmungen berichtet. Und auch danach gelegentlich, 1950 z.B.. 1963 mussten dicke Eisschichten aufgepickelt werden. Und Ende Januar 1995 stieg der Main in der Innenstadt noch einmal auf bedrohliche fast 3 Meter an.

Der Main wird reguliert

1914-1916, mitten im 1. Weltkrieg, wurde durch die Mainregulierung vor allem zwischen Graserschule und Ludwigsbrücke die Gefahr von Hochwasser-Katastrophen gebannt. 1915 wurde auch eine neue Brücke am Mainflecklein errichtet. Die ständig bedrohten Stadtteile konnten aufatmen. 1939-1941 wird der Main auf der Höhe des damaligen Gausportfeldes begradigt. Ende der 60er Jahre wurde die „Gerinnesohle“ von der Eisenbahnbrücke bis zur Schulbrücke gepflastert. Auch die senkrechten Ufermauern aus Sichtbeton stammen aus dieser Epoche. Die 180 Meter Mainüberdachung am Annecyplatz, die 1969 abgeschlossen war und damals als verkehrstechnischer Fortschritt galt, wurde der Ludwigsbrücke geopfert.
2009 -2011 förderte man den Bau eines großen Rückhaltebeckens samt hohem Damm im Bereich der Oberen Mainaue. Zwei weitere Hochwasserrückhaltebecken bei Aichig und Neunkirchen entstehen bis 2020. Damit wächst eine neue Chance auf Renaturierung und Umgestaltung des Mainbettes in der Innenstadt.

Stadtspaziergänge der Neuen Geschichtswekstatt stoßen auf großes Interesse und kündigen das Thema so an:
„Mainregulierung – Eine Bändigung des Roten Mains? Die „Regulierung“ des Roten Mains vor etwa 100 Jahren zwang den Fluss in ein betoniertes und gepflastertes Bett. Das garantierte raschen Abfluss und bedeutete eine weitgehende Hochwasser­freilegung der Innenstadt. Bei dem Spaziergang sollen vom einen Ufer aus die wasserbaulichen Maßnahmen erklärt, auf dem Rückweg vom anderen Ufer aus dann aber auch ökologische Hintergründe und städtebauliche Veränderungen aufgezeigt werden.“

Text: Karla Fohrbeck
Postkarten & Fotos: Stadtarchiv Bayreuth und Bernd Mayer Archiv